Objectives Figures Description Claims Notes

Ausgegeben den 1. Oktober 1895.

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PATENTSCHRIFT
- Nr 82963 -

Klasse 42: Instrumente.

Leon Bollée in Le Mans (Frankreich).

Rechenmaschine.

Patentirt im Deutschen Reiche vom 1. März 1895 ab.
   Das Princip der neuen, nachstehend beschriebenen Rechenmaschine beruht auf der Anwendung von Rechenschiebern, die an ihrem unteren Ende mit den Zahlen 0 bis 9 beschrieben sind und an ihrem oberen Ende auf beiden Seiten Verzahnungen tragen. Je nachdem nun der Eingriff eines Stiftes in diese Verzahnungen erfolgt, kann den Schiebern eine mehr oder weniger große Bewegung ertheilt werden, wodurch sie entsprechend dieser Verschiebung in Oeffnungen des eigentlichen Berechners Zahlen erscheinen lassen. Der Eingriff des verschiebenden Stiftes wird durch Zahlen bestimmt, welche auf dem eigentlichen Berechner angeordnet sind.

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   Auf der Zeichnung zeigt Fig. 1 eine Oberansicht der Rechenmaschine, zum Theil im Schnitt, welch letzterer insbesondere die Schieber zeigt. Fig. 2 ist ein Querschnitt.

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   Die Rechenmaschine umfaßt zwei Haupttheile, den eigentlichen Berechner E und den Multiplicationsrahmen M, welch letzterer über dem eigentlichen Berechner angeordnet und in der Längsrichtung desselben verschiebbar ist.
   Der Berechner E besteht aus einer Platte, welche in ihrem oberen Theil zwei Reihen von Aussparungen a und a1 hat, während im unteren Theil zwei Reihen von runden Oeffnungen angeordnet sind, von denen die eine, mit N bezeichnete die Resultate bei Subtraction und Division anzeigt, während die zweite, mit mit N 1 bezeichnete Reihe zur Sichtbarmachung der Resultate bei der Operation der Multiplication dient. Die anderen Aussparungen a und a1 haben eine hakenförmige Gestalt.
   Unter der Platte F gleiten nun die eigentlichen Rechenschieber R, und zwar derart, daß ihre seitlichen oberen Verzahnungen gerade unter die Aussparungen a a1 zu liegen kommen. Der lange Schlitz der Aussparungen a und a1 liegt über der jeweiligen linksseitigen Verzahnung eines Rechenschiebers R, der kurze, mit b bezeichnete Schenkel dagegen über der rechtsseitigen Verzahnung des links nächsten Rechenschiebers. Die Rechenschieber R gleiten auf passend gestalteten Unterlagen und tragen auf ihrem unteren Ende, wie schon erwähnt, zwei Reihen Zahlen von 0 bis 9, und zwar derart, daß, wie aus Fig. 1 zu ersehen ist, die eine Reihe, von unten gesehen, von 0 bis 9 aufsteigt, während die andere von 9 bis 0 abfällt.
   Um die Rechenschieber R in ihre Nullstellung nach einer ausgeführten Rechenoperation zurückzuführen, sind zwei Langsleisten S und T angeordnet, von denen die erstere S zum Zurückführen in die Nullstellung bei Addition und Multiplication dient, die zweite T, dagegen bei Subtraction und Division. Beide werden derart bethätigt, daß man sie an beiden hervorstehenden Enden erfaßt und einmal (S) nach oben, das andere Mal (T) nach unten bewegt, bis sie an Anschläge anstoßen, die in der Zeichnung nicht angegeben sind. Sobald sie die äußerste Stellung eingenommen haben, erscheinen einmal in der mit + bezeichneten Reihe die Nullen der Rechenschieber, das andere Mal in der mit - bezeichneten.
   Die Operationen des Addirens und Subtrahirens werden auf dem eigentlichen Berechner F ausgeführt, und zwar in folgender Weise:
   Neben den Aussparungen a a1 sind, wie aus Fig. 1 zu ersehen, die Zahlen 0 bis 9 angeschrieben, und zwar derart, daß bei der oberen mit a bezeichneten Reihe die 9, bei der zweiten mit a1 bezeichneten dagegen die 0 oben steht. Letztere Reihe wird beim Subtrahiren, die erste dagegen beim Addiren benutzt.
   Um eine beliebige Zahl, z.B. 436, in den Aussparungen der mit + N 1 bezeichneten Reihe erscheinen zu lassen, hat man zunächst die Längsschiene S nach oben zu bewegen, wodurch in den Oeffnungen die Zahlen 0 erscheinen. Hierauf steckt man einen spitzen Stift in der äußersten rechten Aussparung a neben der Zahl 6 ein und bewegt den Stift nach unten, bis er an das untere Ende der Aussparung anschlägt. Dabei ist der Stift in Eingriff gekommen mit den linksseitigen Verzahnungen der Rechenschieber R und hat letztere um 6 Theilungen nach unten bewegt. Dadurch erscheint in der mit + bezeichneten Reihe die Zahl 6. Nunmehr wird der Stift in der links nächsten Reihe neben die Zahl 3 gesetzt und ebenfalls nach unten bewegt, wodurch unten in den Oeffnungen die Zahl 3 erscheint. Darauf wird der Stift in der links nächsten Reihe neben die Zahl 4 gesetzt und ebenfalls nach unten bewegt, wodurch in der entsprechenden Oeffnung die Zahl 4 erscheint, so daß nunmehr unten 436 zu lesen ist.
   Soll in der mit - N bezeichneten Reihe eine Zahl, z.B. 436, erscheinen so wird in ähnlicher Weise verfahren, und zwar derart, daß man erst die mit T bezeichnete Querleiste nach unten zieht und darauf den Stift in die äußerste rechte Aussparung a1 steckt, und zwar neben die Zahl 6. Der Stift wird sodann nicht nach unten, sondern nach oben bewegt. Es erscheint sodann die Zahl 6 in der mit - bezeichneten Reihe. Mit den Zahlen 3 und 4 wird ebenso verfahren.
   Es soll nunmehr gezeigt werden, wie die Maschine beim Addiren zu benutzen ist. Es sei als Beispiel gewählt 7 + 8 + 4 + 7. Nachdem ich durch Aufwärtsbewegen der Schiene S sämmtliche Rechenschieber in der mit + N 1 bezeichneten Resultatsreihe die 0 habe erscheinen lassen, wird der Rechenstift zunächst in die äußerste rechte Aussparung der oberen Reihe a neben der Zahl 7 eingesteckt und nach unten bewegt. Hierdurch erscheint in der Resultatsreihe die Zahl 7. Nun steckt man den Stift neben der Zahl 8 ein und versucht zuerst, ihn nach oben und darauf nach links in die Aussparung b hineinzubewegen. Bei der Bewegung nach oben wird der Rechenschieber um zwei Theile nach oben bewegt, wodurch in der Resultatsreihe statt 7 die Zahl 5 erscheint. Gleitet nun der Rechenstift in die Aussparung b über, in welcher er nach unten bewegt werden muß, so kommt er hierbei mit dem links liegenden Rechenschieber in Eingriff und bewegt denselben um eine Theilung nach unten, so daß nunmehr in der Resultatsreihe links von der Zahl 5 die Zahl 1 erscheint. Insgesammt ist also die Zahl 15 zu lesen, die Summe von 7 + 8. Jetzt ist 4 zu addiren. Man setzt den Rechenstift in die rechts äußerste Reihe neben der Zahl 4 ein und versucht erst die Bewegung nach oben. Hierbei wird der Stift nicht so weit nach oben gehen können, um in die Aussparung b hinüberzutreten. Da dies nicht möglich ist, bewege ich ihn nach unten, wodurch der gleichzeitig bewegte Rechenschieber um vier Theilungen nach unten geschoben wird. Er zeigte vorher die Zahl 5 an, somit muß er nun 9 zeigen, so daß als Resultat zu lesen ist: 19, die Summe von 15 + 4. Schließlich habe ich noch 7 zu addiren. Der Stift wird neben der Zahl 7 eingesteckt, erst nach oben bewegt, und da er hierbei so weit vorgeschoben werden kann, daß er in die Aussparung b eintritt, so wird diese Bewegung vollzogen. Bei der Aufwärtsbewegung schiebt er den Rechenschieber um zwei Theilungen nach oben, so daß in der Resultatsreihe die Zahl 6 erscheint. Bei der Bewegung nach unten in der linken Aussparung b wird der links liegende Rechenschieber um einen Theil nach unten bewegt, so daß er nunmehr 2 anzeigt. In der Resultatsreihe lesen wir nunmehr 26, die Summe von 7 + 8 + 4 + 7.
   Beim Subtrahiren wird in ähnlicher Weise verfahren, und zwar derart, daß man in der mit - N bezeichneten Resultatsreihe zunächst den Minuendus erscheinen läßt und darauf die einzelnen Posten durch Einsetzen des Rechenstiftes in die untere Reihe a1 einzeln abzieht.
   Das vorhin ausgeführte Beispiel zeigte nur einstellige Summanden, bei mehrstelligen verfährt man jedoch in gleicher Weise, und zwar derart, daß man von der rechten Seite der zu addirenden Zahl beginnt.
   Ein Multiplicationsexempel könnte ähnlich einem Additionsexempel dadurch ausgeführt werden, daß man den Multiplicandus so oft addirt, als der Multiplicator Einheiten enthält. Da dies jedoch eine sehr umständliche Operation wäre, so ist zur Ausführung von Multiplications- und Divisionsaufgaben eine besondere Einrichtung getroffen, der sogenannte Multiplicationsrahmen M. Derselbe ist, wie aus Fig. 1 und 2 zu ersehen, über dem eigentlichen Berechner E angeordnet und kann längs desselben verschoben werden, wobei er von der Stange A geführt wird. Der Rahmen trägt mehrere Päckchen P 1 P 2 P 3 u.s.w. von über einander liegenden Plättchen, und zwar sind immer je 10 zu einem Päckchen zusammengefaßt. Jede einzelne Platte ist um eine Achse C drehbar und kann um dieselbe herumgeschlagen werden. Die Anordnung der Zahlen auf den einzelnen Päckchen wird am besten durch ein Beispiel erläutert: Auf den mit 0 bezeichneten Platten sind gar keine Zahlen angeordnet. Die mit 1 bezeichneten tragen in ihrem oberen Theile auf der rechten Seite die Zahlen 0 bis 8, in dem unteren Theile neben den Aussparungen a1 die Zahlen 1 bis 9, und zwar sind dieselben derart angeordnet, daß sie mit den entsprechenden darunter liegenden Zahlen der Aussparungen des Berechners F correspondiren.
   Auf den mit 2 bezeichneten Platten sind auf dem unteren Theil derselben die Zahlen 2 bis 8 angeschrieben, und zwar derart, daß sie durch ihre Stellung das Product der Zahl 2 mit ihnen anzeigen. Z.B. ist die Zahl 2 neben die vierte Theilung gestellt, so daß bei einer Bewegung der nebenliegenden Rechenschieber diese in der Operationsreihe die Zahl 4 erscheinen lassen, das Product von 2x2.
   Auf dem unteren Theil der Plättchen sind die Zahlen 1 bis 9 in ähnlicher Weise vertheilt. So ist z.B. die Zahl 7 zweimal vorhanden, und zwar steht sie einmal an der rechten Seite des Plättchens neben Theilung 4, das zweite Mahl auf der linken Seite neben Theilung 1. Stecke ich also den Rechenstift erst auf der rechten Seite neben der Zahl 7 ein und führe die vorgeschriebenen Bewegungen aus, so erscheint in der Resultatsreihe die Zahl 4, und stecke ich dann den Stift nochmals neben die Zahl 7 auf der linken Seite, so wird der dadurch getroffene Rechenschieber um eine Theilung vorgeschoben, so daß als Resultat 14 erscheint, das Product aus 2x7.
   In ähnlicher Weise sind sämmtliche Platten mit Zahlen versehen. Noch deutlicher wird die Anordnung bei Durchführung eines Beispiels.
   Es soll die Zahl 327 mit 6 multiplicirt werden. Der Multiplicationsrahmen M wird zuerst in die äußerste Stellung nach rechts verschoben, darauf öffnet man die drei letzten Plattenpäckchen, und zwar derart, daß sie, wie in Fig. 1 zu ersehen, den Multiplicandus 327 zeigen. Nunmehr wird der Rechenstift neben der mit 7 bezeichneten Platte bei der Zahl 6 auf der rechten Seite eingesteckt und die bei dem Additionsexempel näher beschriebene Bewegung ausgeführt. Es erscheint hierbei in der Resultatsreihe die Zahl 2; nunmehr wird der Stift auf der linken Seite der Platte 7 neben der Zahl 6 eingesteckt und bewegt. Dadurch erscheint in der Resultatsreihe die Zahl 4, insgesammt also 42, als Product von 6x7. Nunmehr wird der Stift neben der mit 2 bezeichneten Platte eingesteckt, und zwar neben der Zahl 6. Auf der rechten Seite bewegt er den Rechenschieber um zwei Theilungen nach unten, so daß dieser, da er auf 4 stand, die Zahl 6 anzeigt, auf der linken Seite um eine Theilung nach unten, so daß nunmehr die Resultatsreihe die Zahl 162 angiebt, das Product von 6x27. Nunmehr wird der Stift rechts und links von der dritten Platte eingesteckt. Auf der rechten Seite bewegt er den zugehörigen Rechenschieber um 8 Theilungen nach unten, so daß dort die Zahl 9 erscheint, auf der linken Seite um eine Theilung nach unten, so daß die 1 sichtbar wird. Diese Resultatsreihe zeigt somit die Zahl 1962.
   Hat der Multiplicator mehrere Stellen, so wird genau in derselben Weise verfahren, nur daß, wenn z.B. mit 47 multiplicirt werden soll, vor der Multiplication mit 4 der Multiplicationsrahmen um eine Theilung nach links verschoben wird. Im übrigen ist das Verfahren genau dasselbe.
   Das Verfahren beim Dividiren ist ähnlich. Man läßst zunächst in der mit - bezeichneten Resultatsreihe den Dividendus erscheinen, und zwar an der linken Seite der Rechenmaschine. Ebenso bringt man den Multiplicationsrahmen auf die linke Seite und öffnet von den am weitesten nach links liegenden Plattenpäckchen diejenigen, welche den Divisor angeben. Darauf sieht man auf einer besonderen Rechentafel nach, welches der Quotient aus den drei ersten Zahlen des Dividendus durch die beiden ersten des Divisors ist. Z.B. möge die Zahl 15369 durch 327 dividirt werden. Auf der besonderen Rechentafel ersieht man, daß 153 durch 32 den Quotienten 4 ergiebt. Man steckt nunmehr den Rechenstift an der Seite der einzelnen Platten neben der Zahl 4 ein und führt die vorgeschriebenen Bewegungen aus. Dadurch wird das Product des Divisors mal dem Quotienten 4 abgezogen und in dieser Weise wird fortgefahren, bis entweder in der Resultatsreihe an sämmtlichen Stellen die Nullen erscheinen, in welchem Falle der Dividendus durch den Divisor ohne Rest theilbar war oder aber in der Resultatsreihe eine Zahl erscheint, welche kleiner ist als der Divisor.
   Die im Vorstehenden beschriebene Rechenmaschine kann natürlich nach Gestalt, Größe und Anzahl der einzelnen Theile beliebig verändert werden, ohne dadurch aus dem Rahmen der vorliegenden Erfindung herauszutreten.
   Der vorstehenden Beschreibung ist das übliche Decimalsystem zu Grunde gelegt, selbstverständlich können jedoch auch andere Systeme gewählt werden, ohne daß dadurch der Erfindungsgedanke beeinträchtigt würde. Ebenso kann die Bewegung der Hauptrechenschieber statt durch einen von Hand bewegten Stift auf mechanische Weise erfolgen. Die Platten P 1 P 2 P 3 können leicht auch durch Tasten ersetzt werden, welche in ähnlicher Weise angeordnet sind, und gleichfalls durch ihre Stellung und Bewegung in der Resultatsreihe die Producte der Grundzahlen erscheinen lassen.

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    Patent-Ansprüche:

  1. Eine Rechenmaschine, gekennzeichnet durch die Anordnung von Rechenschiebern, welche die Grundzahlen eines beliebigen Rechensystems tragen und durch einen in zahnartigen Vertiefungen oder Erhöhungen der Schieber eingreifenden Stift verschoben werden, wobei die Verschiebung proportional zu den Zahlen erfolgt, bei welchen der Eingriff des treibenden Stiftes erfolgte.
  2. Eine Rechenmaschine nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß über dem eigentlichen Berechner ein aus Serien von Platten bestehender Multiplicationsrahmen angeordnet ist, wobei auf den Platten die Stellung der Grundzahlen eine derartige ist, daß durch den Eingriff des bewegenden Stiftes an den durch sie bezeichneten Stellen die Hauptrechenschieber eine Bewegung ausführen, durch welche das Product der entsprechenden Grundzahlen angezeigt wird.
  3. Eine Rechenmaschine nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Bewegung des treibenden Stiftes in hakenförmigen Schlitzen (a a1) erfolgt, wobei durch Bewegung des Stiftes in dem langen Schenkel der Oeffnungen die Einer durch den Rechenschieber angezeigt werden, bei Bewegung in dem kurzen Schenkel dagegen die Zehner vermittelst des nächst liegenden Rechenschiebers.

Hierzu 1 Blatt Zeichnungen.

Notes:

  1. This machine is a combination of two much older ideas: the addiator (or troncet) and Napier's bones.
  2. Jean Marguin shows a picture of this machine (from the collection of the CNAM) in his book "Histoire des Instruments et Machines à Calculer" (Paris: Hermann, 1994, ISBN 2 7056 6166 3)
  3. Leon Bollée also made a far more complicated direct-multiplying machine, see US Patent 556,720 (March 17, 1896). More information about Bollée can be found in the notes to this patent.
  4. This patent was HTML'ized by Andries de Man from a paper copy in the library of the Bureau Industriële Eigendom, Rijswijk, The Netherlands.

 

Andries de Man 1/1/1999